Heilphasen akuter Erkrankungen

Heilungsverläufe als Perioden der Reorganisation
Symptome sind Zeichen und Phasen der Genesung.
Schon Hippokrates hatte bei unterschiedlichen Erkrankun-gen unterschiedliche Heilungsverläufe beobachtet und ihm war aufgefallen, daß sie oft 7 Tage oder ein Vielfaches bzw. die Hälfte von 7 Tagen dauern . G. Hildebrandt u.a. be-schreiben die circaseptane, circasemiseptane (3,5-tägige) und auch die circalunare (4-wöchige) Periode als physiologische Reaktionszeit auf unterschiedlichste äußere Reize, wie Krank-heitserreger, Kurbeginn oder andere eingreifende therapeuti-sche Maßnahmen.
Im Verständnis naturheilkundlicher Ärzte werden Ergebnis-se der Regulationsforschung schon lange beachtet. Bei vie-len Menschen, insbesondere mit chronischen Erkrankungen, Suchtproblemen (besonders Nikotin), chronischen Schwer-metallvergiftungen, andauerndem Streß u.a. ist eine Regulati-onsstarre festgestellt worden, die sich im Vorfeld von Erkrankung, z.B. in einer ausbleibenden Temperaturregulation der Haut auf einen bestimmten Reiz hin, bemerkbar machen kann. Naturheilärzte sind dann bemüht, die Regulationsfähigkeit des Organismus wieder zu beleben. Denn diese ist die Voraussetzung für eine Genesung. Aber nicht nur Gifte und Streß können die Regulationsfähigkeit beeinträchtigen.
G. Hildebrandt beschreibt, daß bei einer Synchronisation der endogenen Rhythmen mit äußeren Rhythmen, in unserem Beispiel also mit dem Wochenrhythmus, die Amplitude, also die Deutlichkeit, der kürzeren periodischen Erscheinungen nachläßt . Allgemein bedeutet es, daß die Schwingungsfähigkeit eines Systems nachläßt, wenn es kohärent in einem größeren Systemverband schwingt. Ähnlich kann man die Beobachtungen von Hermann Haken bei synergetischen Prozessen verstehen, die Haken "Versklavung" genannt hat. Sub-jektiv haben schon viele Menschen die Erfahrung gemacht, daß sie >sich selbst verlieren<, wenn sie sich stark an den Partner oder die Umgebungsanforderungen anpassen. Ihr Dasein verliert einen Teil der Eigenschwingungsfähigkeit.

Liegt ein Sinn der Erkrankung darin, den Erkrankten wieder zu sich selbst zu bringen?

Daraus kann man ableiten, daß es für eine gesunde Reorganisation sehr wichtig ist, aus dem normal angepaßten Rhythmus auszubrechen, um die eigene >frei laufende< Schwingung durchlaufen zu lassen. Genau das geschieht normalerweise, wenn ein Mensch akut erkrankt: er fällt aus seinem All-tagsrhythmus heraus, wird krank geschrieben und braucht sei-ne normalen Verpflichtungen nicht zu erfüllen. Auch sein normales Eßverhalten ändert sich, meist fastet er zu Beginn einer Erkrankung. Der Körper entflieht aus allen äußeren Synchronisationen, um sich ausschließlich der inneren Reorganisation hinzugeben. Dazu braucht er möglichst einen ge-schützten/beschützenden Raum.

Äußere Entkopplung soll innere Synchronisation ermöglichen.

In dem, was man allgemein >mal abschalten< nennt, liegt eine große präventive Bedeutung für Gesundheit. Denn durch dieses Abschalten von den äußeren Rhythmen gibt man dem inneren Rhythmus die Möglichkeit, sich zu entfalten und damit eine gewissermaßen freiwillige Reorganisation vorzuneh-men, bevor diese durch eine Erkrankung erzwungen wird. Dies war wohl auch ein Sinn des biblischen 7. Tages, des Ruhetages.

Biologische Resonanzen zwischen innen und außen.

Möglicherweise lassen sich die unterschiedlichen Heilphasen in Verbindung bringen mit Phasen der embryonalen Entwicklung: Die Re-organisation einer Struktur sollte ähnlich verlaufen, wie die Organisation der Struktur. Das erscheint zumindest sehr plausibel. Weiter erscheint plausibel, daß die Menschen ihren äußeren Rhythmus - z.B. den Arbeitszyklus, also den Wochenrhythmus - einem inneren Rhythmus entspre-chend eingerichtet haben und daß die Zahlenmythologie ebenfalls inneren Rhythmen entspricht. Diese inneren Rhythmen existieren wieder nicht losgelöst alleine in der Welt, sondern befinden sich in Resonanz mit äußeren Rhythmen - so findet sich der circaseptane Rhythmus als Mondphase wieder; und die Schumann-Resonanz der Erde bei 10 Hz befindet sich am Übergang von der physikalischen zur vegetativen Reso-nanzebene und wir finden diesen Frequenzbereich bei den Hirnströmen wieder.
(S.185ff)

S.234:

D.3 Schmerzen und Heilung

"Wenn an irgend einem Theile der Kranke solche Veränderung leidet, daß er Schmerzen davon haben müßte, und er empfindet sie doch nicht und beklagt sich nicht darüber, so leidet sein Verstand. (Dies ist bey Krankheiten ein übles Zeichen.)" Hippokrates

Schmerzen sind für die meisten Menschen eine unangenehme Empfindung. Paradoxer weise grinsen aber viele Menschen, wenn sie leichtere oder mittelstarke Schmerzen haben. Von Psychologen wurde diese paradoxe Mimik bislang als Verdrängung von Gefühlen, die mit dem Schmerz verbunden sind, wie Traurigkeit, Wut und/oder Rachegefühlen, gedeutet, da diese Gefühle im sozialen System meist nicht erwünscht sind. Das Grinsen bzw. Lachen ist von den Mitmenschen er-wünscht und kann - je nach Reaktion der Mitmenschen - dazu führen, daß die Betroffenen ihren Schmerz wieder vergessen. Die Schmerzempfindung kann verdrängt werden, die Warn-lampe heruntergedimmt. So richtig und plausibel ich diese Deutung finde, so unvollständig erscheint sie mir.

Besonders vom Massieren kennen wir einen wohltuenden Schmerz, einen >heilenden Schmerz<: Wenn wir auf eine Muskelverhärtung drücken, schmerzt es und gleichzeitig können wir das Empfinden haben, daß es angenehm und hilfreich ist, daß der Schmerz Heilvorgänge anregt. Hinterher fühlen wir uns oft freier und leichter.
Schmerzen bei kleineren und mittleren Wunden sowie bei vielen inneren Erkrankungen sorgen dafür, daß die Betroffenen sich um ihre Gesundung kümmern, die betroffenen Kör-perteile schützen, schonen und gegebenenfalls behandeln oder vielleicht fachliche Hilfe aufsuchen. Schmerzen lenken die Aufmerksamkeit der Betroffenen auf die schmerzhafte Stelle, und damit werden auch die inneren Kräfte der Selbstheilung angeregt. Wenn wir von einer solchen Funktion der Schmer-zen ausgehen, erscheint die Erfahrung, die wir bei unter-schiedlichsten Massagetechniken machen konnten, logisch: Schmerzen regen die Selbstheilungskräfte an.

Schmerzen regen Selbstheilungskräfte an.

Auch die Akupunktur - soweit sie eine Erfahrungsheilkunde ist - baut auf dieser wichtigen Funktion der Schmerzen auf. Druckschmerzhafte Punkte werden gedrückt und genadelt. Über diesen Reiz spezifischer Punkte wird die vegetative Re-gulation des Organismus in eine heilende Richtung beeinflußt. Akupunkteure sprechen von einer Lenkung des >Energieflusses< durch Reizung von (vor allem) druckempfindlichen (Akupunktur-)Punkten.

Schmerz hat paradoxe Eigenschaften: Leid und Anlaß zur Freude.

In all diesen Fällen ist der Schmerz wichtig für die Heilung. Vom Standpunkt der Heilung aus betrachtet gibt es in diesen Fällen also Grund zur Freude über den Schmerz: Schmerz ist ein Zeichen, daß noch Leben im Körper ist, und daß dieser heilen möchte. Hippokrates stellte schon im Negativen fest: Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn wir keinen Schmerz an einem gestörten Organ spüren. So haben wir also Grund zu grinsen oder zu lachen, wenn wir einen Schmerz spüren und diesen unseren Mitmenschen mitteilen dürfen. Die Chancen einer Heilung wachsen durch das Spüren des Schmerzes und möglicherweise auch durch die Kommunikation über den Schmerz.
Schmerz bringt uns dazu, uns von unseren gewohnten Ver-bindungen mit unserer Umwelt abzukoppeln. Mit Schmerzen läßt sich nicht gut arbeiten oder gesellig sein. Schmerzen leiten die 1. Heilphase des Rückzuges und der Einkehr ein. Je nach Heftigkeit des Schmerzes führt er uns auf eine entspre-chende innere Schicht, die für die Heilung wichtig ist. Wenn sich jemand in den Finger geschnitten hat, ändert er sein Ver-halten dementsprechend: Er lutscht vielleicht das Blut ab, versorgt die Wunde und schont den Finger. Wenn einer emotio-nal schmerzhaft verletzt wurde, wehrt er sich oder zieht sich zurück, meidet womöglich den Mitmenschen und /oder weint sich bei einer FreundIn aus und holt sich emotionale Unter-stützung. Wenn sich jemand einen Fuß gebrochen hat, bleibt er liegen und ruft Hilfe.
Wenn Schmerzen unerträglich werden, können wir durch Hyperventilation uns in einen schmerzunempfindlicheren Zu-stand atmen, bis wir vorübergehend bewußtlos werden. Auch kann unser Körper eigene Morphiumverbindungen (Endorphine) ausschütten, die uns in eine andere Stimmung bringen.


S.265:
Eine Kultur der Genugtuung

Gewissen als unsere innere Resonanz auf Verbundenheit, auf die große Einheit.

Im Verlauf eines Racheaktes wird der ursprüngliche Täter zum Opfer. Dies scheint eine innere Gesetzmäßigkeit zu sein, die eine Grundlage des menschlichen Gewissens bildet. Wie weit sie archetypisch auf uralten Erfahrungen aufbaut, können wir nicht sagen. Aber fast jeder kennt das Gewissen, welches sich meldet, wenn man Täter ist. Die Naturvölker haben eben dieses Gewissen gespürt, wenn sie Tiere getötet haben, und deshalb Angst vor der Rache der Natur gehabt. Durch Rituale - auch Opferrituale - haben sie die Rache abwehren wollen und den Naturgeistern Genugtuung verschaffen wollen. Sowohl die Angst eines Täters vor Rache als auch der Wunsch eines Opfers nach Genugtuung sind Ausdruck einer klaren Rolle in den Beziehungen zwischen den Lebewesen. Der Täter ist das Subjekt, das Opfer ist das Objekt. Die Rollen wechseln in der Natur immer wieder. Das nennen wir ausgleichende Gerechtigkeit. Diese ausgleichende Gerechtigkeit wird von einer übergeordneten Instanz ausgeführt. Sie ist der Rächer des Opfers und nimmt in vielen Formen soziale Gestalt an: Richter, Polizei u.a.m. Durch die Aktivitäten auch eines rettenden Rächers wird dieser zum neuen Täter und es entstehen wieder neue Opfer usw. usw.
Ist vielleicht eine Krebserkrankung das Ergebnis des ver-zweifelten Bemühens, aus diesem Teufelskreis auszubrechen? Ein Ergebnis des evolutionären Bemühens, nicht mehr einen Täter zum Opfer zu machen, sondern selbst Verantwortung für seine Gefühle und sein Verhalten - auch für seine erlittenen Verletzungen - zu übernehmen? Und aus diesem Bemühen heraus die Rachegefühle zu unterdrücken? Wenn die Krebser-krankung die suboptimale Lösung dieses Problemlösungsversuches ist - ist dann vielleicht eine Anerkennung von Genugtuung eine optimalere Lösung dieses Teufelskreises?
Ein Opfer kann in der Regel die tiefste Genugtuung verspüren, wenn es sich sicher fühlt, daß der Täter die Tat nicht wiederholt. Diese Genugtuung kann durch Todesstrafe, Handabhacken bei Dieben (wie noch in einigen Ländern in Vorderasien praktiziert), Gefängnisstrafe, Buße mit Reue oder durch überzeugendes Verhalten des Täters, daß er nämlich Verantwortung für sich übernimmt, ausgelöst werden. In der Ge-schichte der Gerichtsbarkeit läßt sich eine Entwicklung verzeichnen von der Rache eines Opfers durch Vergeltung mit Gleichem oder Töten des Täters (>Auge um Auge....<), über die Bestrafung eines als schuldig befundenen Täters (Schuld und Strafe, Buße, Sühne, Vergebung) hin zu einer zunehmen-den Erziehung zur Selbstverantwortung sowohl einzelner Menschen als auch von Gruppen, Völkern und Kulturen. In weiten Teilen der Welt befinden sich die Menschen heutzuta-ge am Ende der Kultur von Schuld und Vergebung und Sühne und am beginnenden Übergang zum Lernen, für sich und die Gruppe Verantwortung zu übernehmen. Auf dieses Problem weist uns auch die Krebserkrankung hin.

Genugtuung ist ein Vorgang, bei dem ein innerer Wert Anerkennung findet.

Mit der Genugtuung als wichtige psychodynamische Erfah-rung erkennen wir zweierlei an: 1. daß es mehr Verletzung nicht geben darf ("jetzt ist aber genug!", "es reicht", "das Maß ist voll!") und 2. daß genug getan ist, um Frieden zu schließen, daß ein erforderliches Maß der Befriedung, der Anerkennung des individuellen subjektiven Wertes erreicht ist. Im einzelnen Menschen führt diese Anerkennung zu einer wertvollen inte-grierten Persönlichkeit und zur Integration der Persönlichkeit in die Gemeinschaft.

Aussichten in der Heilung für Menschen mit Krebs und die Vorbeugung
Es erscheint nur allzu logisch, daß die Medizin der heutigen Kultur bis jetzt keine wirksame Abhilfe der Krebserkrankungen finden konnte. - Wie sollte sie sie finden können, wo doch die Ursprungs-Dissonanz in ihrem eigenen blinden Fleck liegt? Und sie das Problem deshalb an einem Ort gesucht hat, wo zwar ihre wissenschaftliche Laterne leuchtet, aber nicht der Schlüssel für eine Lösung verborgen ist.

>Ich werde gebraucht - also bin ich?<

Aber es gibt einzelne Heilungen auch von Krebskranken in fortgeschrittenen Stadien. Lawrence LeShan schreibt, daß sie den Mut fanden, ihr >Selbst< loszulassen; gemeint ist das Selbst, welches die PatientInnen für ihr Selbst hielten, also das durch die verinnerlichten sozialen Werte gebildete Selbst, welches im Großen und Ganzen darauf abzielte, für ihre Umwelt brauchbar zu sein und zu bleiben. Die PatientInnen mußten sich scheinbar entscheiden zwischen "Beliebtheit und Einsamkeit". Mit der Auflösung dieses verinnerlichten Selbstes bekamen sie die Möglichkeit, wieder ihren inneren Impulsen zu folgen, die nicht schon eine Anpassung an ver-meintliche Erwartungen der Umwelt vorausnehmen. Sie kön-nen sich dann eine Genugtuung ohne schlechtes Gewissen gönnen, wenn Recht als solches anerkannt wurde - unabhängig davon, ob denjenigen, die andere mißachteten oder mißbrauchten etwas ähnliches geschah oder diese Sühne zeigten.
Nicht eine Rachetat, wohl aber das Gefühl der Genugtuung stärkt die Integrität der Persönlichkeit, das Unterscheidungsvermögen zwischen eigen und fremd und auch das Bewußtsein einer Resonanz des Eigenen mit dem Fremden und umgekehrt. Wie weit ein Gefühl der Genugtuung direkt Einfluß auf unser Immunsystem hat, muß noch untersucht werden.

Ich bin - also bin ich wert zu leben.

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